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Witze aus Plastik

Benissimo ist die grösste hausgemachte Showkiste des Schweizer Farbenfernsehens. Das Konzept ist anspruchsvoll und erfreut sich grosser Beliebtheit bei Rentnern, Kioskfrauen und Wirtinnen. Man nehme einen Sportmoderator, der als „Schnuri der Nation“ bekannt wurde (für unsere deutschen Freunde „die grösste Klappe des Landes“), einige gute Tänzer, eine Gruppe von Komödianten, darunter wenn möglich mindestens 1 Ex-Miss Butterhirn und ein Spiel, bei dem man 1 Million Schweizer Franken gewinnen kann.

Beni, der Moderator, hat schon bessere Tage gesehen, doch er führt noch immer souverän durch die Sendung. Egal ob Italienisch, Französisch oder Kroatisch: Beni beherrscht sämtliche Landessprachen und kann zumindest jeden Kandidaten am Telefon fragen, welche Kugel er haben will. Überhaupt die Kugeln: die sind bunt und haben ein interessantes Innenleben.
Die Show hat fast 18 lange Jahre unverändert überstanden. Seit der letzten Sendung nun gibt es Änderungen, die die Menschen hinter den Fernsehgeräten aufregen: da erdreistet sich doch das Schweizer Fernsehen tatsächlich eine „Nietenkugel“ aufzutischen. Unverschämt. Gut, dass sich das nur eine Sendung lang gehalten hat. Die Nachwirkungen der verruchten Kugel halten noch an. Wollten bis vor wenigen Monaten die Menschen grundsätzlich nur um die Million spielen, entscheiden sie sich nun für so tolle Preise wie einen Opel Corsa oder einen Mercedes C-Klasse. Man kann ja nie wissen, ob die gefürchtete Kugel doch wieder einschlägt.

Auf schweizerisch brave Art ist dann noch der „Kleiderbügel“ dabei. Das ist jeweils ein gut aussehendes junges Fräulein, das entweder Jura oder Germanistik studiert und sozusagen als Studijob in der Sendung auftritt, um Lose zu fangen. In den letzten 18 Jahren gab es genau zwei Losdamen. Die Studiendauer ist eben auch nicht mehr das, was sie einmal war.

Natürlich gibt es neben den Friends auch noch echte Showacts. Sie wissen nicht, wer die Friends sind? Also, eigentlich gibt es zwei davon in der Sendung und sie sind auch überhaupt nicht schwer zu unterscheiden: die einen sind Tänzer und treten jeweils am Anfang, in der Mitte und am Ende auf. Die anderen sind Komödianten und spielen Sketches, die quasi als Auflockerung während der Losziehung und Benis Gelaber gezeigt werden. Immer stehen die gespielten (alten) Witze unter einem bestimmten Thema. Gestern war das Thema wohl Ferien. Wie gesagt, die Witze sind so uralt, dass sie in anderen Ländern als archäologische Kostbarkeiten ausgestellt werden. Die Zuschauer schicken ihre Witze ein, die dann verfilmt werden. So wundert es einen nicht mehr, dass man als das humorloseste Land Europas neben Finnland genannt wird. Aber die haben wenigstens Mitternachtssonne und hohen Alkoholkonsum als Ausrede.

Die echten Showacts sind auch eine echte Sensation: da ist Geigenvirtuose David Garrett, der Rekordhalter im „Hummelflug“-Spielen, Toni Braxton, die als Neu-Interpretation von Marilyn Monroe auftrat, was zumindest ihre Küsschen und Winkerchen anging, die Sandkünstlerin Aljona Voynova, die ihre Interpretation des Eidgenossen-Klassikers „Heidi“ zum Besten gab und die Kontorsionistin Lunga. Was mich persönlich verwunderte und am meisten berührte, war die TV-Première des Musicals „Dällebach Kari“. Ich meine, wenn man Hanspeter Müller-Drossaart in der Hauptrolle sieht, laufen einem die kalten Schauer den Rücken hinab. Wie kann man einen solchen Höhepunkt nur am Anfang bringen?

Und so bleibt am Ende von Benissimo trotz des glücklichen Gewinners der Million ein schales Gefühl im Mund zurück. Mitte Oktober kommt die nächste Sendung? Na denn, wir werden es aushalten. Und so muss am Ende einer der Witze der Friends herhalten:

Ex-Miss Butterhirn: (weint und hält eine Rose in der Hand)
andere Frau: Warum weinst du denn so?
Ex-Miss Butterhirn: Wegen der Rose. Die hat mir mein Ex in die Hand gedrückt und gesagt, er kommt erst wieder zu mir zurück, wenn der Blume die Blätter abfallen.
andere Frau: Aber das ist doch sehr romantisch!
Ex-Miss Butterhirn: Die Blume ist aus Plastik.

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