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SF bi de Lüt – andere Länder, andere Sitten oder: vom Umgang mit humorlosen Schweizern

Nachdem ich mich letzte Woche auf die neueste Sendung SF bi de Lüt – live gefreut habe, komme ich natürlich nicht darum herum, Ihnen heute meine Eindrücke zu schildern.

Zuallererst muss ich jedoch anmerken, dass Escholzmatt, im Gegensatz zu Grindelwald, eine Gemeinde ist, in der unglaublich viele humorlose Menschen beheimatet sind. Doch mehr dazu später.

Nik Hartmann, wie immer in Höchstform, wenn auch ohne seinen süssen Hund dafür im rosa Hemd, welches seinem sommersprossigen Teint schmeichelte, präsentierte die Sendung aus dem Entlebuch. Allerdings muss ich gleich zu Anfang betonen, dass das Entlebuch für Ostschweizer wie mich, so gar keine Feriendestination darstellt. Dies liegt allerdings nicht an der Landschaft. Schon zu Anfang der Ausstrahlung wurde der Zuschauer mit dem wohl einzigen Argument zugunsten Escholzmatts, ich sag nur Biosphärenreservat oder so, zu Tode genervt. Wenigstens lernen so die Kinder was, werden die Programmverantwortlichen gedacht haben, als die Kleinen barfuss im Moor herumwaten mussten. Dass ich versucht war, die ganze Zeit an herumwandelnde Moorleichen zu denken, ist dabei unwichtig.

Die Escholzmatter erhielten wie alle anderen Teilnehmerorte eine lustige Gemeinschaftsaufgabe, die darin gipfelte, dass während der ganzen Sendung ein riesiges Buch (für alle Greenhorns und Ostschweizer: das Entlebuch ist das grösste Buch der Welt) aus Holz zu sehen war. Die wichtigste Person bei diesem Projekt ist natürlich der OK-Präsident. (für unsere deutschen Freunde: der Organisationskomitee-Präsident ist durchaus vergleichbar mit dem Bundespräsidenten. Nur wohnt er meistens in einem Bauernhaus und seine Frau ist Präsidentin des Missionsbasars oder noch besser: des gemeinnützigen Frauenvereins), Dieser parliert vollmundig vom Gemeinschaftserlebnis beim Basteln und Schrauben und ist und nur mit einem Schlag auf den Hinterkopf, aber keinesfalls verbal, zu bremsen.

Kathrin, die überdrehte Moderatorin der ersten Sendung, hat sich sehr zu ihren Gunsten beruhigt. Dass sie (endlich) gute Schuhe trägt, mag wohl daran gelegen haben, dass die Gemeinde E. so wirkt, als liegen überall Kuhfladen auf der Strasse. Da machen sich Treter von Jimmy Choo nicht besonders gut.Gell, Kathrin? Auch ihre grelle Stimme hat sie unter Kontrolle gebracht. Da kann man nur sagen: SF bi de Lüt – die Talentschmiede. Hoffentlich fängt sie jetzt nicht an zu singen…

Der Höhepunkt der Sendung war wie immer „Hart, Mann“. Nik geht mit seinem Mikrophon unter die Leute auf der Suche nach den hässlichsten Dingen des Dorfes. Seine Vorgehensweise ist dabei wohltuend anarchistisch. Es entspricht so gar nicht dem Bild, das Mitarbeiter des Schweizer Farbenfernsehens ansonsten abgeben. Lautes Lachen inbegriffen. Seinen Vorschlag, das (extrem hässliche) Gemeindehaus abzureissen, fanden alle, bis auf den Bruder des Architekten, gut. Unpraktischerweise verstand der alte Herr diesbezüglich gar keinen Spass und zeigte grosse Mühe, sein Gebiss der Marke „selber gefälltes Holz“ im Mund zu behalten. Nik umschiffte aber auch dies bravurös und machte den hochbetagten Herrn darauf aufmerksam, dass er dies wirklich nur im Spass gemeint hatte. Mein Gott, müssen die Gemeindeversammlungen hier amüsant sein…

Die versteckte Kamera
versuchte Dorfbewohnern der Gattung „white trash“ (Bierbauch, Trainer, minim übergewichtig) weiszumachen, dass die Gärten mit Kadmium verseucht seien. Auch hier, Sie können es sich sicherlich bildlich vorstellen, verstand niemand gross Spass.

Grill-Ueli lief wie schon letztes Mal zu Höchstform auf, indem er einen Kalbsbraten füllte und ihn während der Sendung grillierte. Seinen Härtopfel-Gratin scheibelt er allerdings nicht. Er würfelt ihn lediglich. Aus irgendeinem Grund muss er ja Grill-Weltmeister geworden sein.

Man soll ja Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, doch anhand der Sendung von Escholzmatt konnte man gut sehen, wie sehr die Qualität einer Sendung mit den Dorfbewohnern steht oder fällt. Ich bin sehr gespannt auf Schaffhausen und hoffe, dass die Ostschweizer wesentlich mehr Sinn für Selbstironie aufbringen als die Entlebucher. Ich verspreche auch, dass ich brav bei allen Mostapfel-Witzen mitlachen werde.

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