In der Schweiz irrt ein schreckliches Gespenst umher: Es nennt sich #nacktselfie und hat längst Amtstuben und Büros heimgesucht.
So hatte heute abend der gewillte Fernsehzuschauer und Billag-Abdrücker die Möglichkeit, fast anderthalb Stunden den Erklärungen eines grünen Nationalrats und Stadtammanns zu lauschen: Herrn Müller. Den „Club“, der Quasselstunde für Moralisten, Lästerer und Leute wie mich, moderierte Frau Frei.
Sie gab sich sichtlich Mühe, aber es bereitete mir dennoch grosse Schmerzen, ihr beim hilflosen Raubtierbändigen zuzusehen.
Herr Geri Müller, so heisst der Mann, dessen Cyber-Privatleben in den letzten Tagen fast erbarmungslos ausgerollt wurde. Einzig die Photos seines Gemächts blieben uns bisher erspart. Und das ist gut so.
Der Herr Müller darf sich zu seinem eigenen Skandal äussern und das zeigt ja eigentlich sehr gut, wie friedvoll wir Schweizer miteinander umgehen. Da macht es nichts, dass neben ihm Frau Maier sitzt, die für den Blick arbeitet. Der Blick hat die letzten Tage nicht über den Herrn Nationalrat und Stadtammann Geri Müller berichtet, sondern über Grüsel-Geri. Dass Herr Müller ihr nicht sofort an die Gurgel springt, hat bestimmt damit zu tun, dass sich hier alle kennen.
Frau Maier, die früher einmal beim Fernsehen gearbeitet hat und damit ziemlich erfolgreich war, schafft es denn auch mit einer klaren Geste, Frau Frei, die Moderatorin, zum Schweigen zu bringen. Ein wahres Schauspiel. Bitchfight, wie er im Buche steht und leider völlig unnötig, genauso wie die Selbstbeweihräucherungen einiger männlicher Gäste.
Und so sitze ich da, höre zu und wundere mich. Ab und zu starre ich auf mein Handy und bin froh, dass ich keine (grünen) Politiker kenne, die mir Fotos von Pony, Pussy und Penis zusenden, in der Hoffnung, dass daraus ein Skandal und ein eigener Fernsehabend entstehe.
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