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Die gegen den Wind tanzen – JRZ11

Seit mittlerweile drei Jahren gibt’s auch in Helvetien eine charismatische Spendenaktion des glücklich-vereinigten Schweizer Radios und Fernsehens.
Während einer Woche sendet DRS 3 immer, zeitweise auch SF 2, von einem Platz in einer Schweizer Stadt, in diesem Jahr aus Luzern, der Tourimetropole. Drei Moderatoren wechseln sich am Äther ab, ernähren sich von Flüssigem, und die Zuschauer und Zuhörer spenden währenddessen. Sie stehen an, um ihr Geld durch einen Schlitz an der Scheibe der „Glasbox“ zu schmeissen.

Als kritischer Mensch könnte ich hier einwerfen, dass hier alle etwas durch den Wind geraten sind; so eine Art Massenhysterie, hervorgerufen durch die geschickte Kombination von Fernsehen, Internet und Radio. Wie Lemminge folgen sich die Spender, stehen in Schlange und werfen schliesslich ihr sauer verdientes Geld einfach weg. Die Zeitungsberichte der letzten Tage scheinen diese Vermutung zu untermauern.

Die Moderatoren Nik Hartmann, Anic Lautenschlager und Kathrin Hönegger (aus Amden!!) schaffen es, mit ihrem Engagement die Schweiz sechs Tage bei der Stange zu halten. Man lacht und leidet mit und will auch gar nicht wissen, wie es in der Glasbox nun wirklich riecht. Für mich als TV-Geek scheint klar, dass die Schweiz einen wie Hartmann auch weiter braucht. Mit seinem Charme und seinem Talent, dass er nur schwer unter Kontrolle halten kann, ist er für mich so eine Art alpiner Peter Alexander. Er kann singen, er kann tanzen und – staubsaugen.

Doch es gibt auch noch eine andere Seite: während einer Woche strampeln sich Männer, Frauen und Kinder im wahrsten Sinne des Wortes für andere ab, denen es wirklich an Lebensnotwendigem mangelt. Diese Haltung scheint im Rahmen des aktuellen Zeitgeists nicht wirklich verständlich. Ganz im Ernst, mich hat hat es begeistert, mit welcher ungeahnten Kreativität und Begeisterung die sonst so spröden Schweizer auf Spendensammlung gehen. Auftreten tun hier für einmal nicht die sonst so präsenten Servelatpromis aus „Glanz & Gloria“, die nur gerne spenden, wenn es nicht mindestens Champagner und Häppchen for free gibt (und eine Fernsehkamera sowie schnuckeliger Maskenbildner in Griffweite herumsteht).

Nein, hier sind die Menschen auf dem Platz, die mit ihrer Spende auf alltägliche Dinge verzichten. Und das sind keine Pelzmäntel von lebendig gehäuteten Hermelinen. Die wirklichen Helden von „JRZ“ sind nicht die Leute vom Fernsehen oder Radio, sondern die Menschen auf der Strasse. Da kann selbst ein müde inszeniertes „Happy Day“-Finale nichts dran ändern.

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