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Herzlich willkommen im Mutantenstadl!

Samstagabend. Während ich fröhlich draussen in der Sonne sitze, läuft auf allen drei Sendern „Musikantenstadl“. Oma wird voller Vorfreude Platz genommen und sich mit Milchkaffee und Keksen eingedeckt haben, denn heute ist ihr Abend. Andy Borg, der fröhliche Österreicher wird in hölzerner Kulisse seine lustigen Musikanten willkommen geheissen haben. Radebrechend präsentiert er neue Talente, Klassiker und die üblichen Verdächtigen.

Wenn Oma könnte, aber das tut sie ja nicht, würde sie sich Tickets für Porec in Kroatien kaufen, dann wär‘ sie hautnah dabei. Oder sie könnte an der Musikantenstadl-Kreuzfahrt teilnehmen. Oma und alle anderen Fans könnten sich sogar Handtücher, Rucksäcke oder das unvermeidliche Maskottchen der Show, den „Stadlmurmel“ kaufen. Ich frage mich dabei, was aus dem Wastl geworden ist.

Erinnern Sie sich noch an den Wastl, diesen dunkelhaarigen, etwas verschrobenen Rauhhaardackel, der während Jahrzehnten den wahren Stadlmoderator, den legendären, immer fröhlich gestimmten Österreicher Karl Moik begleitet hat? Oder den Hias, jenen rothaarigen Komiker?  Er hat Millionen von Menschen meiner Generation das Grausen gelehrt. Denn wer (so wie ich) mit seinen, von quasi-Volksmusikabhängigen Eltern das samstägliche Schauspiel von geschmacklosen Dirndln, Trachten und Geissbockhüten anschauen musste, ist fürs Leben gezeichnet.

Schnell lernte man damals Motorrad fahren, suchte sich eine Clique in der nächst grösseren Stadt und verbrachte von da an die Samstagabende.

Jahre später, so wie gestern, wenn man aus Versehen auf einen der drei betroffenen Sender schaltet, ist man erschüttert. Einerseits, weil man Schlagertanten in billigen pailettenbesetzten Abendkleidern noch immer gruselig findet. Andererseits vermisst man den knubbeligen Charme aus den späten Achtzigern, wo die Zuschauer noch Brillen mit dicken Gläsern trugen und Fähnli schwenkten und im Takt klatschten. Und vor allem, weil man das Gefühl von damals vermisst: mit den Eltern gemeinsam vor der Glotze hocken, über die jeweilige Musikformation lästern und sich darüber amüsieren, dass die Eltern auch mal jung waren.

 

Willkommen im Präsens!

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