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Sennentuntschi: Stroh oder Blut?

Aaaalso, für meine deutschen Freunde:

Vor bald einmal 30 Jahren herrschte hier im Käseland Unruhe und geistiger Unfrieden. Die Leute sassen nichtsahnend und neugierig vor ihrem Fernsehempfänger, um „Sennentuntschi“ von Hansjörg Schneider zu sehen. 1972 war die Uraufführung seines Theaterstücks, das von einer Alpensage, dem „Tuntsch“ handelt. 1981 inszenierte er sein Stück fürs Schweizer Farbenfernsehen, wo man damals in den Talksendungen zwar noch rauchen und saufen, aber auf gar keinen Fall sein (aufgeklebtes) Schamhaar zeigen durfte. Auch Fluchen (ich erinnere mich, dass die Schauspieler Wörter benutzten, die heute nicht einmal mehr die Kindergärtnerin erröten lassen) war streng verboten. „Vögle“ beispielsweise muss die damaligen Fernsehzuschauer fast ins moralinsaure Koma getrieben haben.

Seit einigen Tagen nun betreibt die Zeitung des füdlibürgerlichen Mittelmasses eine Art künstlicher Panikmache. Michael Steiner, einst Hofregisseur von Herrn und Frau Schweizer, schliesslich hat er die Swissair-Pleite in Bilder gekleidet, drehte „Sennentuntschi“ mit allerlei profilierten Schweizer Schauspielern, viel Blut und dem Anspruch, seinen Landsleuten neue Eindrücke von der Älplerwelt jenseits des Kitschs zu liefern. Bei der Première wurde einigen Promis, ausser unserem Alt-Bundesrat Blocher, schlecht. Auch dies besagt einiges über die Qualität des Filmes, bzw. die Sehgewohnheiten der hiesigen Politiker.

Der Film ist ab 16 freigegeben, was aber nicht verwundern mag, da er mit genügend Blut und Fleisch auftrumpfen mag. Aber: die Inszenierung des Theaterstücks ist auch nicht ohne. Leider bekommen wir sie nicht zu sehen, da die Schnarchnasen von SF es nicht für nötig befinden, der Aktualität wegen das Stück ins (Spät-)Programm zu hieven. Wären die Programmverantwortlichen von heute doch nur so mutig wie die Leute damals, die wirklich ihren Kopf für die hehre Kunst hingehalten haben.

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