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Hoch lebe die Schweiz, alle Eidgenossen und das Fernsehen!

Einmal im Jahr feiern wir unseren Nationalfeiertag. Dann gedenken wir unserer Vorfahren; die Innerschweizer an die alten Eidgenossen, die Appenzeller ihrer Burgenstürmer und wir Thurgauer daran, dass wir vor zweihundert Jahren der modernste aller Kantone waren.

Früher, ich war noch ein kleines Mädchen, da versammelten wir uns jeweils am Nachmittag des Nationalfeiertags vor dem Fernseher, besonders wenn es wie aus Kübeln schüttete, was meiner Erinnerung nach jedes Jahr tat. Ich erinnere mich daran, dass wir „Der Berg“ mit Gnädinger, „Gilberte de Courgenay“ oder sogar meinen Lieblingsfilm „Füsilier Wipf“ anschauten.

Wenn ich mir hingegen heute das Programm auf dem Sender Fädäral anschaue, bleiben da nicht besonders viel warme Gefühle übrig. Nichts als Wiederholungen, sogar die Ansprache der Bundespräsidentin ist kalter Kaffee. Einzig die alljährliche 1.August-Feier ist live und wird jeweils in allen vier Landessprachen, die wir selbstverständlich auch alle fliessend sprechen, ausgestrahlt. Selbst das Startlogo erscheint in Rumantsch. Nun ist es aber so, dass schon vor 15 Jahren, ausser meinem Grossvater, niemand mehr diese Sendung geschaut hat. Und der Opa ist ja jetzt auch schon 13 Jahre tot.

Ganz anders hingegen der völkerverbindende Sender 3Sat, der bereits seit einigen Jahren den 1. August für Dokumentar- und Schweizer Heimatfilme reserviert hat. Da wird einem den ganzen Tag über ein Bouquet von bunten Blumen und visuellen Schmankeln serviert, die man sich gerne anschaut. Und nebenbei erfährt man noch die Aussensicht auf sich selber. Oder finden Sie es etwa nicht lustig, wenn man Ihnen erklärt, wie Sie als Eidgenosse funktionieren oder welchen Umgang Sie mit den Landessprachen pflegen?
Ein Beispiel gefällig? „Die missbrauchten Liebesbriefe“, diese Perle eidgenössischer Filmemacherkunst, läuft um 6 Uhr früh, zwar hochdeutsch synchronisiert, an. Gleich danach wird man in die Welt der Sagen entführt und macht die Bekanntschaft mit der mystischen Seite der Schweiz. Oder wurden Sie etwa niemals von der grünen Fee geküsst, als dies noch verboten war? Dass die „Hazy-Osterwald-Story“ einfach nur Trash ist, merkt man spätestens beim Titelabspann. Aber auch dieser Film, oder zumindest der „Kriminaltango“, macht Spass.

Mein persönliches Filmerlebnis: „Schatten über dem Acherli“, zwei Dokumentarfilme über eine Familie in den Urner Alpen. Ein ganzes Jahr lang begleitet das Filmteam die Wilddurcheinandergemischt-Familie jenseits aller Klischees. Der Film bringt es fertig, dass man mitleidet, wenn beispielsweise die Lawine knapp am Haus vorbei abgeht oder das Familienoberhaupt starke Knieschmerzen hat. Da bleiben selbst mir die spöttischen Worte im Hals stecken.

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