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Pornige Rose

In der eidgenössisch diplomierten Schriftstellerschule wird hoffnungsfrohen Talenten gesagt, dass nur eine Story, die sich in drei Sätzen schildern lässt, eine gute Story ist. Dieser Satz lässt sich verwunderlicherweise auch bei „Rose unter Dornen“ anwenden.

Die Prämisse: Lebensfroher, (über-)gewichtiger Hoteldirektor verliebt sich in engelsgleiche, blonde, alleinerziehende Telefonistin und heiratet sie. Drei Tage nach der Hochzeit stirbt er. Die ganze Kacke aus Familienintrigen und Geschäftsfeindschaft beginnt zu dampfen.

War doch gar nicht so schwer, oder?

Ein einziges Klischee ist unvermeidlich, zwei sind peinlich, mehr als fünfzehn garantieren beste Unterhaltung aus deutschen Landen. Wie das gehen soll?

Also:

  • Die blonde Heldin arbeitet in einem Hotel und kommt immer zu spät. Natürlich latscht sie in ihren Chef, den sie selbstverständlich noch nie gesehen hat.
  • Die Geliebte des Hoteldirektors ist ein SuperFotomodell.
  • Der Hoteldirektor ist unfruchtbar, weil er als Junge mal Mumps hatte.
  • Der Hoteldirektor und sein Geschäftsfeind haben sich schon als Kinder gekloppt.
  • Der Hoteldirektor besitzt eine Segeljacht.
  • Die Angestellten des Hotels sind freundlich.
  • Der Bruder des Hoteldirektors ist kokainsüchtig.
  • Der Schwager ist Politiker und betrügt seine Ehefrau mit der Ehefrau seines kokainsüchtigen Schwager.
  • Die Mutter ist eine geldgierige, intrigante Hexe.
  • Die blonde Heldin lebt mit einem Koch zusammen.
  • In Hamburg scheint immer die Sonne.
  • Als der Hoteldirektor Geburtstag hat, singt seine Geliebte „Happy Birthday“ in Monroe-Manier.
  • Die blonde Heldin arbeitet einmal pro Woche in einem Striptease-Lokal als Barkeeperin bei einem Griechen.
  • Alle Männer zwischen 25 und 65 sind in die blonde Heldin verknallt.
  • Der Vater des Kindes der blonden Heldin ist ein schmalzlockiger, dunkelhaariger Gigolo, der als Masseur arbeitet.
  • Sie hat ihn im Urlaub in Mexico kennengelernt.
  • Die ehemalige Geliebte des Hoteldirektors, wir erinnern uns: das Fotomodell, versucht mit ihrem Sportwagen die blonde Heldin umzubringen und verletzt sich dabei schwer.
  • Jedesmal, wenn ein geliebter Mensch in Not ist, hört die blonde Heldin seinen Hilferuf im Herzen.
  • Das Fotomodell versucht ihren Ex zu erpressen und gibt ihm an, sie sei schwanger. Von ihm.
  • Als die beiden Schluss machen, bekommt das Modell keine Aufträge mehr.
  • Die Hochzeitsreise führt sie nach Venedig, wo er bei morgentlichem Sonnenschein einen Herzinfarkt auf dem Balkon hat und tot umfällt.
  • Der Sohn der blonden Heldin fackelt die Villa mit einem pistolenförmigen Feuerzeug ab, das ihm sein unehelicher Vater in die Hand drückte.

Mir schien, als hätte der Drehbuchautor (Rolf Rene Schneider, dem wir künstlerische Ergüsse wie „Das Weihnachtsekel“ zu verdanken haben) mit seiner Oma tonnenweise Groschenromane gewälzt und von jedem ein bisserl was geklaut. Anders kann ich mir das wirre Durcheinander von Intrigen und gestelzten Situationen nicht erklären.Und wenn zwei Minuten vor Schluss des Direktors bester Freund (der wunderbare Thure Riefenstein, für einmal in einer Buddy-Rolle), den wir 180 Minuten lang für homosexuell gehalten haben (Föhnwelle, gute Manieren, hilft dem Personal beim Scherbenwischen), der jungen Witwe ein Liebesgeständnis macht, weiss man, dass es schlimmer nicht mehr kommen kann. Ja, wo sind wir denn da? Ich meine, der Film ist so voller Fetzen aus anderen schlechten Filmen (und trotzdem noch unterhaltsam), da kann man doch nicht einfach das Ende mit Liebe versauen. Ein Filmtod der Heldin wäre da plausibler gewesen. Wenigstens erspart man uns Sexszenen mit Heinz Hoenig und Valerie Niehaus. Wäre ja noch schöner gewesen. Da hilft nicht einmal der Ohrwurm-Song „Wonderful beautiful“ weiter. Aber echt.

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