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You’re right, Tiger. It’s not unusual!

Während vier kurzen Jahren, 2002 bis 2005, lief die Anwälte-Comedy auf jenem Privatsender, wegen seiner ungewohnten Serien (Verliebt in Berlin, Ladykracher oder Mensch Markus) deutsche Fernsehgeschichte schrieb. Die Macher wollten damals eine Screwball-Comedy, kein Mensch unter 60 kennt heute mehr dieses Wort, unter die Leute bringen. Es ist ihnen gelungen.

Felix Edel (Christoph M. Ohrt) ist um die vierzig, grauhaarig, mit markanten Augenbrauen gesegnet und Anwalt. Sandra Starck (Rebecca Immanuel) ist gerade mal dreissig. Auch sie ist mit Esprit, reichlich Sinn für Romantik und Phantasie gesegnet und – markanten Augenbrauen ausgestattet. Sie wohnt mit Patrizia, einer Staatsanwältin, in einer WG zusammen. Patrizia ist ihre Freundin in allen Lebenslagen.
Die beiden führen eine Kanzlei, unterstützt von der esoterisch angehauchten Sekretärin Biene, die meistens einen peinlichen Punkt auf ihrer Stirn kleben hat. Felix‘ bester Freund ist Otto Özdemir, der Quotentürke, der dafür sorgt, dass Felix in harten Zeiten trotzdem Arbeit als Anwalt hat. Sein Arbeitskollege Frank Vanderheiden (gespielt vom luxemburgischen Shootingstar 2002 Luc Feit) ist meist sein unerbittlicher Prozessgegner.

Die beiden Juristen streiten sich mehr oder weniger durch vier Staffeln hindurch und werfen sich die feurigen Bälle zu, schliesslich ist es Screwball! Gable und Colbert hätten es nicht besser gekonnt. Da gehts in einem Mal um Männerstrips, Geschlechterrollen, die Sache mit den Tagen vor den Tagen und – immer wieder die Liebe.

Alle Figuren sind liebevoll gezeichnet und natürlich klischeehaft gestaltet: Otto gibt den Macho-Türken, Felix den Schnösel, Frank den etwas versauten aber geistvollen Mann ohne Gewissen, Patrizia die männermordende Femme fatale und Sandra das Prinzesschen im Deux-Pièces.

Die Dialoge (aus der Feder von Marc Terjung u.a.) sind ungewohnt witzig und intelligent geschrieben. Die Gerichtsfälle sind natürlich derart unrealistisch und gerade deshalb umso amüsanter, dass man mit Genuss und Vorfreude darauf wartet, was als nächstes passiert. Dass das Kamasutra-Bett nicht jedem zu Höchstform verhilft, wissen wir ja nun. Liebesbriefe können auch mal weh tun und im schlimmsten Fall dreht die Ehefrau halt dem preisgekrönten, dezibelstarken Hahn den Hals um.

Aber „Edel und Starck“ ist nicht einfach nur tumbe Fernsehunterhaltung. Die Serie bringt es zwischendurch auch fertig, ernste Töne anzuschlagen. Ein Beispiel dafür? Folge 36 in Staffel 3 „Begegnung in Moll“ handelt von Sterbehilfe. Richter Schubert, gespielt von Wolf-Dietrich Berg, muss entscheiden, ob die Frau von Sandras Klienten sterben darf. Wenn man weiss, dass der Schauspieler einige Zeit später an Krebs gestorben ist, und man bemerkt, wie er von seiner Krankheit bereits gezeichnet ist, berühren einen seine Monologe umso mehr.

Eigentlich spielt ja nicht das Anwaltsduo die Hauptrolle, sondern vielmehr Berlin von seiner schönsten Seite, wie es unrealistischer (und sauberer) gar nicht sein kann. Der Soundtrack, der herrlich altmodisch ist, tut sein bestes für die stets knistrige Stimmung. Schade nur, dass ich meine Original-Edel-und-Starck-CD in jenem Winter zerstört habe, als ich bei dichtem Eisregen meinen Scheibenkratzer nicht mehr finden konnte. Und wenn Tom Jones sein „It’s not unusual“ schmettert, dann rettet er zwar nicht wie in „Mars Attacks“ die Welt, sondern lediglich unsere gute Launen. Und das ist ja schliesslich heute auch nicht nichts.

Wie „Edel und Starck“ endet? Naja, ich bin froh, dass Sandra am Ende kein Kind aus einer Eizellenspende bei sich aufnimmt und Felix kein Model heiratet. Das wäre zu realistisch.

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