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Kitsch As Kitsch Can

Dank der findigen Leute von RTL 2 sind nun auch in unseren Breitengraden die Werke der grössten Filmindustrie der Welt zu sehen. Hollywood? Nee, weit gefehlt. Mumbai ist die Metropole des Films, von respektlosen Zungen auch Bollywood genannt.
Doch was macht die Faszination der bunten Hindi-Filme mit den schönen Darstellern aus?

Für die einen sind es aneinandergereihte Musicalnummern mit kitschigen Songs. Kenner unterscheiden und wissen: Das Ganze hat System. Ein guter Film beinhaltet die neun rasas: Liebe, Heldentum, Ekel, Komik, Schrecken, Wundersames, Wut, Pathos und Friedvolles.

Ebenfalls erwähnenswert ist das Starsystem, das vergleichbar ist mit jenem der 30er Jahre in den Vereinigten Staaten. Dank dem Einstiegsfilm „Kabhi kushi kabhie gham“ – „In guten wie in schweren Tagen“ sind auch wir auf Shahrukh „King“ Khan, Kajol, Amitabh „Big B“ Bachchan, Aishwarya Raj und Sushmita Sen aufmerksam geworden. Dass dunkelhäutige Inder dabei schlecht wegkommen, erstaunt nicht gross. Das westliche Schönheitsideal von heller Haut hat schon lange den Subkontinent Indien erreicht.
Hindi-Filme mögen zum Teil schlechte Kopien amerikanischer Produktionen sein. Mich persönlich überrascht aber immer wieder die Fähigkeit, sich an die grossen Vorbilder (wie beispielsweise „Matrix“) zu machen und diese stark ironisiert wieder zu geben. Man erinnere sich hierbei an die „Spuckszene“ aus „Main Hoon Naa“.

Die Gesang- und Tanznummern schwanken ebenfalls in ihrer Qualität. Da gibt es die opulent gedrehten Liebeslieder, die an so exotischen Orten wie Gizeh, dem Linthtal oder dem Outback spielen, die Familienszenen, wo plötzlich der eben noch so erhabene Patriarch einen Astaire-würdigen Steptanz hinlegt oder aber die unglaublich witzigen, gut gesungenen Songs wie beispielsweise Yuhi chala chal rahi oder Tumse milke Dilke hay Jo Haal.

Die Plots handeln meist von der Ver- bzw. Entwurzelung, entweder in Form von Heimweh oder Konflikten mit den Eltern. Dies verwundert nicht gross, da ein Film in Indien meist mit der ganzen Familie besucht wird. Sexuelle Handlungen (Küsse!!) kommen wenig oder gar nicht vor. Lesbische oder schwule Liebesbeziehungen werden ebenfalls nicht thematisiert.
Der kritische Geist wird hier nochmals hinzufügen, dass die Tanzszenen nervtötend kitschig und die Plots geklaut sind und auf indisch umgemünzt werden. Dem ist nichts entgegenzusetzen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich selten am Ende eines Major-Movies gerührt oder fröhlich bin. Für den cinephilen Europäer gibt es also nur zwei Möglichkeiten, sich emotional an einem Film zu erfreuen: entweder Low-Budget oder eben – Hindi-Filme.

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