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„… na, das Pferd hat überlebt…“

Ich will mal ehrlich sein.
Nachdem ich „Polizistinnenmörder“ nicht live auf SF 1 sehen konnte, wand ich mich durch die verschiedenen TV-Kritiken durch und beschloss (widerwillig) darüber zu schreiben.

Einige Tatsachen:
1.Der neue Tatort aus Konstanz kommt bei den verantwortungsbewussten Berufskritikern nicht besonders gut weg. Die Zuschauer allerdings sind begeistert.
2.Gilles Tschudi spielt mal wieder den Oberbösewicht im Pelzmantel mit krassem Dialekt.
3.Martin Rapold ist der Schaffhauser Kantonspolizist und beherrscht sogar den regionalen Zungenschlag. Ist er der nächste Schweizer Robert de Niro?
4.Stefan Gubser gibt den sexy Thurgauer Polizisten mit Züri Dialekt. Klar. Und das ausgerechnet bei der Seepolizei Thurgau.
5.Action-Stunts werden (versierten) Schweizer Regisseuren wie Florian Froschmayer nicht zugetraut. Sie tun’s aber trotzdem.

Der Plot ist einfach zu beschreiben: böser Waffenschieber flieht und wird fortan von anderen bösen Waffenhändlern gejagt. Mit dabei sind die guten Bullen der Thurgauer Kantonspolizei und Klara Blum von der Konstanzer Kripo, die versuchen, den Typen vor seinen eigenen Leuten zu retten.

Viel interessanter als die Story sind die kargen Dialoge, die den momentanen Stand der Dinge zwischen der Schweiz und Deutschland klar stellen. Wenn beispielsweise der Staatsanwalt sagt
„Wir können den Schweizern nicht trauen“, dann lachen meine Landsleute und unterschreiben dies ohne Wenn und Aber. Ein anderes Highlight ist der Wortwechsel zwischen Klara Blum (Eva Mattes) und dem Tierarzt (Andrea Zogg):
Klara: Haben Sie diesen Eingriff schon mal gemacht?
Tierarzt: Ja. Bei einem Pferd. Es hat überlebt.

Ich meine, das ist CH-Humor vom besten. Die Kargheit der Sprache und des (fragwürdigen) Humors der Schweizer wird dargestellt und wir alle unterschreiben guten Gewissens: Ja, so ist es wirklich.

Schauen wir den Realismus des Films an. Damit ist es einerseits nicht weit her. Würden wirklich derart atemberaubende Verfolgungsjagden auf dem Bodensee oder im Schaffhauser Hinterland stattfinden, würden wir es zwei Tage später in der Thurgauer Zeitung lesen. Im Film hingegen werden einige Ladungen Munition in der verschneiten Landschaft (wann hatten wir das letzte Mal soooo viel Schnee??) verschossen.

Meine ganz persönliche Lieblingsszene ist jene, die auf dem verlassenen Bauernhof irgendwo in der Pampa abgedreht wurde. Reto Flückiger, der Polizist veranstaltet ein Täuschungsmanöver für die bösen Waffenschieber. Er lenkt davon ab, dass Klara Blum mit dem verletzten Zeugen fliehen will. Es gelingt ihr mit Hilfe eines Motorrads mit Seitenwagen. Überraschungsmoment ahoi.

Ich mag die Actionszenen und die Wortwechsel zwischen Schweizer und Deutschen. Blum und Flückiger nehmen die Abkommen ihrer beider Länder gelassen. Trotzdem schaffen wir es nicht, ein feines Grinsen zu verstecken. Zu treffend und ironisch sind die Dialoge.

Während die Tatort-Süchtigen Froschmayers Wechsel vom psychologisch versierten Tatort (Boroswski. Klar.) zum Actionfilm kritisieren, loben die Zuschauer die witzigen Szenen und fliegenden Autos.
Ich jedenfalls hatte riesen Spass an diesem Film und kann „Polizistinnenmörder“ guten Gewissens für grenzüberschreitende Fernsehabende empfehlen…

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